Von Betroffenheitslyrik und neuer deutscher Härte
Der ehrenwerte Herr Wadephul in Syrien
(10. November 2025)
Nicht dass wir nun glühende Anhänger von Außenminister Wadephul wären, schließlich ist er Mitglied dieser Bundesregierung und kann sich deshalb nicht aus der Mitverantwortung für deren Politik davonstehlen. Aber er scheint sich doch einen Rest von Aufrichtigkeit und Humanität bewahrt zu haben, wofür er nun deutlich zur Ordnung gerufen wird und Prügel bezieht.
Was ist passiert?
Nun, Wadephul war zu einem Besuch in Syrien und gab dort vor der Kulisse völlig zerstörter und unbewohnbarer Häuser ein Interview, über das tagesschau.de am 30.10.2025 wie folgt berichtet:
„Angesichts der drastischen Zerstörung im vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien rechnet Außenminister Johann Wadephul nicht damit, dass kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig in ihr Heimatland zurückkehrt. "Kurzfristig können sie nicht zurückkehren", sagte der CDU-Politiker bei einem Besuch in Harasta, einem während des syrischen Bürgerkriegs weitgehend zerstörten Vorort der Hauptstadt Damaskus. Ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen. "Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben", so Wadephul.“
Die etwas ungelenke Formulierung belegt seine Betroffenheit. Kaum war es ausgesprochen, fielen die Medien über ihn her. Unter der Überschrift „Betroffenheitspolitik“ kommentierte die FAZ am 1.11.2025, dass es zwar „zum einen schon“ erfreulich sei, wenn sich Politiker vor Ort ein Bild machten und nach einer Ortsbesichtigung ihre Ansicht änderten. Aber „zum anderen“:
„Wer das große Ganze im Blick haben will, der muss gerade nicht alle Einzelheiten vor Ort kennen. Wenn jetzt also Außenminister Wadephul in Damaskus die größten Zerstörungen in seinem Leben gesehen haben will, so ist dieser persönliche Eindruck aller Ehren wert, darf aber nicht eine deutsche Asyl- und Abschiebepolitik ersetzen, die sich am Recht und an deutschen Interessen orientiert. […] Der deutsche Außenminister hat Anwalt Deutschlands in der Welt zu sein. Humanitäre Verpflichtungen gehen damit einher. Betroffenheit ersetzt aber keine Politik.“
Noch unverblümter formuliert es der für seinen Rassismus bekannte Kommentator Deutschländer bei Ippen.media:
„Es wird Zeit, dass der Kanzler seinen Parteifreund nachdrücklich an die neuen Prioritäten der Merz-Außenpolitik erinnert. Und daran, was Wadephuls Aufgabe ist: Der Bundesaußenminister ist nicht reisender Betroffenheitslyriker, sondern harter Vertreter deutscher Interessen im Ausland.“
Noch drastischer kann es bekanntlich immer die BILD-Zeitung: „CDU fassungslos! SPD und Grüne feiern Wadephul“, titelt sie und zitiert ihre Kronzeugen:
„Dies forderte in BILD auch Unions-Fraktionsvize Günter Krings (56), der alle ausreisepflichtigen Syrer abschieben möchte. Wadephuls Argument, dass Syrien zu zerstört sei, bezeichnete er als „denkbar ungeeignet“. Krings: „Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“
Und dann wird Wadephul auch von Heiko Teggatz, Versitzender der sich schändlicher Weise als Gewerkschaft bezeichnenden Scharfmacherorganisation der Bundespolizei, harsch in die Schranken gewiesen und an seine Dienstpflichten erinnert:
„Ich bin mir sehr sicher, dass es auch in Syrien Regionen gibt, in denen Menschen menschenwürdig leben können. Insofern gehe ich davon aus, dass sich der Außenminister von einer Momentaufnahme hat blenden lassen.“ Wadephuls Aussagen gefährdeten die vom Innenminister eingeläutete Migrationswende. Teggatz betont: „Herr Wadephul sollte sein Handeln darauf beschränken, diplomatische Beziehungen zur syrischen Regierung aufzubauen. Nicht mehr und nicht weniger.“
Unter den CDU-Politikern wird auch Sachsen-Anhalts CDU-Chef und Wirtschaftsminister Sven Schulze zitiert, der bekanntlich angesichts der 2026 anstehenden Landtagswahl gleichzeitig von der AfD getrieben wird und dieser hinterher hechelt: Er kann Wadephuls Aussagen nach eigenen Worten nicht nachvollziehen. "Der Fluchtgrund für hunderttausende Syrer war der mittlerweile beendete Bürgerkrieg", sagte er. Somit müsse jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen (was immer darunter zu verstehen ist; man ahnt es ja, hätte es aber gerne ausgesprochen!) gearbeitet werden. Auch wenn der Bürgerkrieg beendet sein sollte oder ist, bleibt dennoch eine Abschiebung in Ausweglosigkeit, Hunger und Elend rechtlich verboten (§ 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes).
Jetzt kann also auch Herr Wadephul die Verrohung und Maßlosigkeit der Migrationsdiskussion, nicht die der AfD, sondern die der deutschen Medien, und nicht etwa nur von Revolverblättern wie der BILD-Zeitung (die man früher noch so nannte und deren Geschrei niemals von der Tagesschau zitiert worden wäre… tempi passati…), sondern auch der sich selbstverständlich zu den Leitmedien zählenden, und auch dazu gezählten FAZ oder des SPIEGEL, am eigenen Leib erleben.
Und natürlich auch die seiner eigenen Parteifreunde. Neben den bereits zitierten und den Forderungen geleckter JUler tut sich wie so oft ein gewisser Jens Spahn, der bereits am Tag nach der Flucht Assads wusste, jetzt könnten die Syrer aber zurückkehren, durch ausgemachte Unverschämtheit hervor: Er sagt, es sei „patriotische Pflicht“ aller Syrer nach Syrien zurückzukehren und ihr Land wiederaufzubauen. Er meint: Es sei Aufgabe des deutschen Staates durch Abschiebungen dem Bewusstsein für diese Pflicht auf die Sprünge zu helfen.
Patriot Spahn weiß, wovon er spricht. In Erfüllung patriotischer Pflicht hat er als Gesundheitsminister die Corona-Pandemie ganz patriotisch dazu benutzt, seine Spezln schamlos zu bereichern und Millionen, wenn nicht Milliarden zu verschwenden.